Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Donauwörth

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Gedanken zum Sonntagsgottesdienst II

"Jeden Sonntag 9.30 Uhr Gottesdienst"
–  was tun wir, wenn wir ihn feiern, wie wir ihn feiern?

Die einen empfinden ihn als langweilig und erstarrt, die anderen als hilfreich und entlastend – den Sonntagsgottesdienst in traditioneller Form, wie wir ihn Woche für Woche, Jahr für Jahr in Donauwörth um 9.30 Uhr in der Christuskirche feiern. In dieser Reihe lade ich Sie ein zu erfahren, wie sein Ablauf (Liturgie) geschichtlich und theologisch begründet ist, warum wir ihn also so feiern, wie wir ihn feiern.

Und warum feiern wir ihn um diese Zeit und an diesem Ort?

Grundsätzlich könnten wir jederzeit und an jedem Ort Gottesdienste feiern. Warum am Sonntag? Von Anbeginn der Schöpfung ist der Welt mit dem Sabbath ein wöchentlich wiederkehrender Ruhetag geschenkt, der die Menschen zum Gottesdienst einlädt. Diese Einladung und die Ruhegebote des jüdischen Sabbath haben die Christen auf den Sonntag übertragen. Der Sonntag ist der Tag der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus. In der Offenbarung des Johannes lesen wir, dass der verbannte Johannes sich am „Tag des Herrn“ mit seinen Gemeinden und mit seinem Herrn Jesus Christus im Gottesdienst verbunden weiß (Offenbarung 1,1-11). Jeden christlichen Gottesdienst können wir in der Gewissheit und im Vertrauen feiern: Christus lebt, er ist jetzt mitten unter uns. Er verheißt uns: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen (Matthäus 18,20). Mitten in den Abläufen unseres Alltags ist Zeit für ihn: Gotteszeit mitten in der Weltzeit. Ist Ihnen bewusst: wenn Sie 70 Jahre alt sind, hatten Sie in Ihrem Leben zehn Jahre Sonntag?

Die Rede vom „Wochenende“ hat ihren Ursprung in der industriellen Arbeitswelt. In der Tradition ist der Samstag der letzte Tag der alten, der Sonntag der erste Tag der neuen Woche. Mit verschiedenen Aufräumungs- und Reinigungsarbeiten und auch dem samstäglichen Bad wird die Woche abgeschlossen. Mit dem Sonntag beginnt Neues. Wenn wir die neue Woche mit einem Gottesdienst beginnen, erhält dieser Gottesdienst am Sonntagmorgen die Möglichkeit, den Rhythmus und Herzschlag der neuen Woche vorzugeben.

Diese „Gotteszeit“ wird durch das Läuten der Glocken angekündigt. Durch Glockenläuten wurde die Aufmerksamkeit der Menschen immer schon auf Außergewöhnliches gerichtet: Kriegs- und Friedensgeläut oder auch die Feuerglocken sind Beispiele. Heute läuten die Glocken, um zum Gottesdienst zu rufen. Bei uns werden die Glocken auch eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn geläutet. So helfen sie mir, mich äußerlich und innerlich auf den Gottesdienst vorzubereiten, mich rechtzeitig auf den Weg zu machen. Dann läuten sie wieder zum Beginn des Gottesdienstes und helfen mir, still zu werden und mich zu sammeln. Glocken läuten nicht nur am Sonntag, sondern auch am Werktag: Jeden Morgen laden die Glocken mit ihrem Läuten dazu ein, im Morgengebet den Tag aus Gottes Hand zu empfangen und unter seinen Segen zu stellen. Sie erinnern: ich komme von Gott. Mittags rufen sie seit der Zeit der Türkenkriege zum Gebet um Frieden. Wie nötig dieses Gebet ist, muss nicht weiter erläutert werden. Abends erklingen sie, um zum Abendgebet zu rufen und zu erinnern: ich gehe zu Gott.

Wer zum Gottesdienst die Kirche betritt, weiß: jetzt komme ich in einen Raum, der eigens für die Begegnung mit Gott geschaffen wurde. Ich komme hier mit anderen Christen zusammen. Und ich richte mich ganz auf Gott hin aus. Dazu kann mir helfen, einen Moment in der Bank stehen zu bleiben und ein kurzes Gebet an Gott zu richten, z.B.: „Ich bin, Herr, zu dir gekommen, komme du nun auch zu mir! Amen.“

Was im Gottesdienst geschieht, hat Martin Luther so beschrieben: „Gott dient uns in seinem Wort und Sakrament. Und wir dienen ihm, indem wir zu ihm beten, ihn loben, ihm singen.“ Der Kirchenraum dient der Konzentration auf dieses Geschehen.

Zu besonderen Anlässen werden Gottesdienste auch außerhalb der Kirchengebäude gefeiert. Das mag aus unterschiedlicher und auch nachvollziehbarer Motivation geschehen. Für den Gottesdienst in der Kirche spricht, dass er als Gottesdienst gefeiert wird, unabhängig von anderen Interessen und frei von Hintergedanken.

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